Von jedem Farbrest ein kleines Kleckschen: Der Stieglitz/Distelfink (Carduelis carduelis)
Als der liebe Gott alle Tiere geschaffen hatte, malte er sie zu guter Letzt auch noch an, jedes in seiner eigenen Farbe. Endlich war alles fertig! Da kam ein kleiner Vogel angehüpft – viel zu spät – es war keine Farbe mehr da! „Warum kommst Du so spät? Nun musst Du ganz ohne Farbe bleiben. Ich habe nichts mehr übrig!“…
Dabei ist es wohl nicht geblieben!
Ein hübsches Gesamtpaket
Der kleine Vogel, der etwa so groß wie ein Spatz ist, ist zurzeit gerne mit mehreren Artgenossen im Trupp an Wasserstellen und Blühstreifen unterwegs. Dabei ist er durch sein buntes Gefieder gut von anderen Finkenarten zu unterscheiden. Aber auch sein typischer Gesang, in den einzelne „stiglit“-Rufe eingebaut sind (sie geben dem Distelfink seinen zweiten deutschen Namen), macht ihn unverwechselbar. Dieses hübsche Gesamtpaket aus buntem Gefieder und Gesang führte dazu, dass Stieglitze lange als Käfigvögel gehalten wurden und werden, was allerdings nur noch mit Nachzuchten unter strengen Regeln erlaubt ist.
Seine auffällige Farbzeichnung macht ihn auch für Künstler interessant, zumal er seit dem frühen Mittelalter als Symbolvogel für die Leiden Christi gilt: Seine Vorliebe für Distelsamen und die rote Kopfzeichnung verbinden ihn mit Symbolen für Dornenkrone und Blut.
Wildblumensamen für die Vegetarier
Ein Trupp von 5 Distelfinken wurde jetzt auf dem Parkplatz der Quarzwerke Frechen dabei „ertappt“, wie er die reifen Samen der Wildblumenmischung im Beet des Zauneidechsenreviers erntete. Dabei balancieren die Tiere geschickt auf den schwankenden Pflanzenstängeln. Leider gibt es nur noch wenige Flächen, wo abgeblühte Wildblumen und Gräser so lange stehen dürfen, bis ihre Samen reif sind. Das Beispiel zeigt, dass ungemähte Flächen nicht nur für Reptilien und Insekten wichtig sind, sondern auch samenfressende Vögel davon profitieren.
… Aber der kleine Vogel jammerte, dass er auch eine eigene Farbe bekommen möge. „Da ist doch noch von jeder Farbe ein Bißchen im Topf. Schmier‘ mir von jedem Farbrest ein kleines Kleckschen an!“ Das tat der liebe Gott, und so bekam der Vogel von allen Farben etwas.
(Frei nach Oskar Deinhardt „Natursagen“ 1910)
Blau und Grün waren offensichtlich nicht mehr im Topf 😉