Unsere neue Mini-Serie „Kunststoffe“ beschäftigt sich heute mit Polyamid (PA)

Die Brüder Nylon und Perlon®
Im Jahr 1930 beobachtete ein Mitarbeiter einer amerikanischen Chemiefirma (DuPont), im Rahmen einer Forschungsarbeit zur Untersuchung der Zusammenhänge unterschiedlicher Polymerisationsreaktionen, eine Kondensationsreaktion bei der ein dicker Sirup entstand.

Interessant war, dass beim Herausziehen des Rührstabes aus dieser sirupartigen Schmelze ein langer Faden am Rührstab haften blieb. Es dauerte noch weitere fünf Jahre bis die Wissenschaftler um Wallace H. Carothers aus Hexametylendiamin und Adipinsäure die erste verwendbaren Polyamid 66-Fäden herstellen konnten. Die erste synthetische Faser war geboren und ebnete die ruhmreiche Erfolgsgeschichte der Polyamid- bzw. Nylonfasern. Bereits im Jahr 1937 wurde die Menge von PA 66-Fasern zur Herstellung von über 4 Millionen Paar Nylon-Strümpfen angehoben, die übrigens innerhalb von 4 Tagen verkauft wurden!

Fast gleichzeitig, im Jahr 1938, gelang Paul Schlack die Hydrolytische Polymerisation von Ɛ-Caprolactam und entwickelte daraus eine Polyamid 6-Faser, die später die Bezeichnung Perlon® erhalten sollte. Auch wenn seit den 1930-er Jahren eine Vielzahl neuer und hochinteressanter PA entwickelt wurde, sind diese beiden Polyamid Typen, PA 6 und PA 66, bis heute die meistverwendeten PA-Materialien.

Polyamide sind thermoplastische Materialien. Sie können aus einem Ausgangsstoff (Baustein) aufgebaut werden, z.B. aus Ɛ-Caprolactam bei PA 6, oder sind aus zwei verschiedenen Ausgangsstoffen aufgebaut, z.B. PA 66. Die Zahl kennzeichnet die jeweilige Anzahl der Kohlenstoffatome / C-Atome im Baustein. Des Weiteren unterscheidet man die teilkristallinen Polyamid-Homopolymer und die Polyamid-Copolymer-Formmassen unterschiedlicher Zusammensetzung, die amorph (≈ „transparent“) oder teilkristallin sein können. Einige dieser Typen gelten als teil-biobasiert oder biobasiert je nach Anteil der verwendeten nachwachsenden Rohstoffe.

Um die Thematik noch unübersichtlicher zu gestalten gibt es ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, nämlich die Art der Monomere (Bausteine) wie folgt:

  • Aliphatische PA: die Monomere leiten sich von aliphatischen Grundkörpern ab.
  • Teilaromatische PA: die Monomere leiten sich zum Teil von aromatischen Grundkörpern ab.
  • Aromatische PA: die Monomere leiten sich von rein aromatischen Grundkörpern ab.

Wegen ihrer hervorragenden Eigenschaften wie z.B. Festigkeit und Zähigkeit, der guten Gleiteigenschaften und des Verschleißwiderstandes werden PA-Materialien oft als Konstruktionswerkstoffe verwendet. Polyamide weisen im Prinzip eine gute chemische und thermische Beständigkeit auf, allerdings sind einige Sorten, u.a. PA 6, gegenüber Feuchte empfindlich.

Der größte Teil der Polyamid-Produktion wird als Synthesefaser für Textilien verwendet. Dennoch ist aus technischer Sicht der Automobilbereich das vielleicht wichtigste Anwendungsgebiet für PA. Ein Auto besteht heutzutage aus tausenden Einzelteilen und etwa 2.000 davon sind aus Kunststoff. Einer der wichtigsten ist Polyamid. Speziell als sogenannte „Under the Hood“ Applikationen finden diverse Komponenten aus diesem Konstruktionswerkstoff Verwendung.

Anwendungsbereiche für PA:

  • Bau & Konstruktion – Wärmedämmstege, Sperrfolien für Dächer, Absperrketten, Seile, Dübel, Schrauben
  • Wohnen & Haushalt – Staubsaugergehäuse, Handleuchten, diverse Gehäuse für Haushaltsgeräte, Türbeschläge, Möbelscharniere,
  • Elektrotechnik – Spulenkörper, Steckverbinder, Motorengehäuse, Taster, Kabelbinder, Gehäuse für Elektrowerkzeuge
  • Gesundheitswesen – chirurgische Instrumente, Nahtmaterialien
  • Sport & Freizeit – Bekleidung, Angelschnur, Zahnbürste, Skibindungsteile, Bespannung von Tennisschlägern
  • Mobilität & Transport – Ansaugsysteme, Abdeckung, medienführende Leitung, Stecker, Verteiler, Gebläse, Gehäuse, Konstruktionsmodule, Ölwannen, Konnektoren, Zahnräder, Lager

Der große Vorteil der Polyamide ist ihr umfangreiches Verwendungsspektrum. Je nach Anforderung ist es erforderlich, die Werkstoffe mit geeigneten Verstärkungsstoffen anzupassen. So erfordern engere räumliche Verhältnisse, z. B. unter der Motorhaube, höhere Wärmeformbeständigkeiten, dünnwandigere Bauteile erfordern verbesserte Steifigkeiten und für den Ersatz von Metallbauteilen werden höhere Festigkeiten benötigt. Da die geforderten Eigenschaftsprofile oft von den Polymeren alleine nicht erfüllt werden können, werden sie durch verschiedene Füll- und Verstärkungsmaterialien modifiziert.

Hier kommen nun die Füllstoffe der Division 3 der Quarzwerke Gruppe ins Spiel. Sie können nämlich die mechanischen und thermischen Eigenschaften der PA-Compounds deutlich verbessern. Durch die Verwendung der nadeligen und plättchenförmigen Füllstoffe können E-Modul und Wärmeformbeständigkeit je nach Körnung mehr als verdoppelt und die Zugfestigkeit ebenfalls deutlich verbessert werden. Die Schlagzähigkeit wird durch den Einsatz blockiger Füllstoffe, wie z. B. des kalzinierten Kaolins verbessert. Isotropische Schwindungsverhalten können durch den Einsatz von mineralischen Füllstoffen erreicht werden und last but not least, durch den Einsatz spezieller Füllstoffe wird die Wärmeleitfähigkeit deutlich gesteigert.

Somit bieten die HPF Produkte aufgrund ihrer unterschiedlichen spezifischen Besonderheiten wie Morphologie, Härte oder Oberflächenbeschaffenheit ein interessantes Spektrum an neuen Möglichkeiten. Die geeigneten Oberflächenbeschichtungen sorgen nochmals für eine Verbesserung der mechanischen, vor allem der Schlagzähigkeit, und thermischen Eigenschaften.

Wichtige Quarzwerke Produkte für Polyamid: TREMIN®, TREFIL®, Kaolin, SILATHERM®. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage

Der nächste Blog-Artikel „Füllstoffe in Kunststoffen“ beschäftigt sich mit dem Polybutylenterephthalat (PBT).