Quarzwerke war Thema bei einer Masterarbeit
Ab und zu sind Quarzwerke Thema bei Bachelor oder Masterarbeiten. Dieses Mal ging es um Schmelzversuche in unserem Glastechnikum.
Gastbeitrag von Justin Janssen, Masterand
„Die sind schon eher der Kieselfraktion unterzuordnen“, sagt einer der Mitarbeiter, während er sich in der Kantine Blaubeeren auf seinen Salat drapiert. Eine Aussage, die nicht passender als in einem Quarzwerk hätte fallen können.
Frechen, eine Stadt in der Nähe von Köln, ist seit 1884 ein wichtiger Standort für den Abbau von Quarzsand. Schon die Römer nutzten den ca. 25 Millionen alten Sand, um Gläser herzustellen. Aufgrund der sehr reinen Gegebenheiten des Sandes wird bis heute noch der Sand abgetragen und für die Industrie aufbereitet. Hauptabnehmer sind dabei die Glas- und Gießindustrie. Aber auch in der Baubranche oder in der Chemieindustrie kommt der Sand vermehrt zum Einsatz.
Um einen tieferen Einblick über die Prozesse zu erlangen und um mehr über das Thema „Sand“ zu lernen, bietet es sich an, eine Führung durch das Werk zu unternehmen. Die Tour beginnt mit einem heißen Kaffee und einer kurzen Einweisung im Gebäude für Forschung und Entwicklung. Hier werden die verschiedenen Sand- und Gesteinsproben analysiert und auf die jeweiligen Qualitätsanforderungen hin geprüft. Mit unterschiedlichsten Verfahrenstechniken kann der Sand außerdem auch auf seine mechanischen, physischen und chemischen Eigenschaften untersucht werden. Um beispielsweise die Korngrößenverteilung präzise klassifizieren zu können, werden unter anderem Analysesiebmaschinen eingesetzt. Auch das Verfahren der Röntgendiffraktometrie wird in den Untersuchungen verwendet, um die Struktur kristalliner Substanzen (hier in Pulverproben) zu identifizieren und Gemische zu quantifizieren. Eine ebenso nennenswerte Analysemethode ist das ICP-OES (Induktiv Gekoppelte Plasma Optischer Emissions-Spektrometer). Damit können im Sand die meisten chemischen Elemente festgestellt werden, denn das ICP-OES ermöglicht eine sehr genaue Messung von ng/g (ppb) bis zu µg/g (ppm), um die Elementkonzentrationen aufzuweisen. Durch die vielen verschiedenen Verfahrenstechniken zur Analyse und Qualitätssicherung des Sands, ist der Standort Frechen auch in der Forschung sehr aktiv. Ein Merkmal, dass nicht viele Quarzsandabbaugebiete aufweisen können. Im Musterlager werden daher nicht ohne Grund Proben des sehr reinen Quarzsands in die ganze Welt verschickt.
Mit Helm und Warnweste ausgestattet, geht die Führung auf dem Werksgelände weiter. Geleitet wird der Rundgang von Herrn Simon Rudolph, Projektmanager für Produkt- und Marktentwicklung für Glasrohstoffe. Der erste Stopp ist das Dachdes Werks. Von dort kann man einen guten ersten Eindruck über das ganze Areal erlangen. Insbesondere das Förderband, auf dem der abgetragene Sand in das Werk gelangt, ist von dort deutlich zu erkennen. Die ganze Grube des Abbaugebiets ist mit viel Grün umrundet, welches vom Dach der Halle sofort ins Auge springt. Der Grund dafür ist ein aufwendiges Renaturierungsprogramm der Quarzwerke Gruppe. Dort, wo der Quarzsand schon vor Jahren abgebaut wurde, wurden heimische Bäume gepflanzt oder offene Biotope angelegt. Die so entstandene Rekultivierung ist eine der artenreichsten Flächen der Region. Denn obwohl der Quarzsand in vielen Industrien eingesetzt und in vielen Produkten verarbeitet ist, die unser alltägliches Leben ständig begleiteten, ist sich die Quarzwerke Gruppe durchaus darüber bewusst, dass es ebenso zu ihren Pflichten gehört, der Natur auch etwas zurückzugeben und diese zu achten. So wurde das Quarzwerk in Frechen darüber hinaus mit mehreren nationalen und internationalen Preisen für Nachhaltigkeit ausgezeichnet.
Auf der anderen Seite der Halle befinden sich die Wasservorräte. Denn um den abgetragenen Sand auf Korngrößen sortieren zu können muss dieser in der Aufbereitungsanlage erstmal gesiebt und gewaschen werden, um überschüssigen Ton, Grobkorn oder andere Verunreinigungen zu entfernen. M. Da die Kunden des Frechener Quarzsands aber überwiegend aus der Glas-, Gießerei- und Chemieindustrie stammen, muss der Quarzsand eine sehr hohe Reinheit aufweisen. Elemente wie Eisen würden dem Glas beispielsweise eine ungewollte Färbung geben. Bei der Reinigung von Quarzsand gibt es verschiedene Methoden, um Metalle abzureichern. Eine übliche Art ist die so genannte Magnetabscheidung. Bei diesem Verfahren wird ein starkes Magnetfeld verwendet, um Metallpartikel aus dem Sand abzutrennen, die möglicherweise im Sand vorhanden sind.. Auch beim Wendelscheider werden Partikel unterschiedlicher Dichte sortiert. Dies passiert durch die Konvektionsströmung im Querschnitt der Wendelrinne. Schwere Partikel gelangen zu der Innenseite der Rinne, wo sie ausgetragen werden. Die leichten Partikel hingegen folgen der Strömung nach außen.
Das Herzstück in Frechen ist die Aufteilung des Quarzsandes in verschiedene Korngrößengruppen. Das geschieht Mithilfe von sogenannten Hydrosizern, bei denen der Sand nass-klassiert wird. Dabei wird der Sand durch 24 8-Kammer Hydrosizer gepumpt. Schwerere Sandkörner setzen sich ab, während leichtere weiterwandern. Der so gewonnene noch feuchte Sand wird anschließend zu einer Anlage transportiert, wo er je nach Korngröße in verschiedene Sandbunker befüllt wird. Auf Wunsch kann der Sand aber auch maschinell getrocknet werden. Schließlich wird der Sand verpackt und an die Kunden versandt, die ihn für eine Vielzahl industrieller und gewerblicher Anwendungen nutzen können. Neben Quarzsand wird aber auch Quarzmehl produziert, welches z.B. für die Herstellung von Lacken und Farben benötigt wird. Dabei wird der Sand in Mühlen zu sehr feinem Pulver vermahlen.
An anderen Standorten der Quarzwerke Gruppe gibt es weitere Aufbereitungsprozesse, wie die Flotation und das Sieben in unterschiedlichen Fraktionen. Bei der Flotation wird dem Sand Wasser zugesetzt und es werden Hilfsmittel hinzugefügt, um einen Schaum zu erzeugen. Die Mineralien, die hydrophob sind, lagern sich an den Schaum an und schwimmen nach oben, während die hydrophilen Mineralien nach unten sinken. Das Sieben in verschiedene Fraktionen erfolgt in der Regel mit Vibrationssieben, welche den Sand je nach Breite der Sieböffnungen in verschiedene Größenfraktionen trennt. Der Sand wird dann je nach Größe und Qualität der Körner in die jeweiligen Klassen sortiert
Am Nachmittag der Führung wird das eigene Glastechnikum des Quarzwerks besichtigt. Hier werden Schmelzversuche durchgeführt, um den Quarzsand auf seine Eigenschaften in der Glasproduktion prüfen zu können. Mit Herrn Rudolph ist es möglich, den Prozess des Glasschmelzens hautnah zu erleben und gemeinsam einige Glasproben herzustellen. Glas besteht überwiegend aus den drei Hauptbestandteilen Quarzsand, Soda (Natriumcarbonat) und Kalk. Der Quarzsand dient dabei als Netzwerkbilder. Soda wird als Netzwerkwandler und Flussmittel eingesetzt. Flussmittel sind dafür da, den Schmelzpunkt des SiO2 (Quarzsand) herabzusetzten (von > 1700°C unter 1100 °C).. Natrium kann aber auch als Sulfat der Schmelzmenge beigefügt werden und als sogenanntes Läutermittel dafür sorgen, dass Luftbläschen ausder Schmelzeentfernt werden. Kalk dient ebenfalls als ein Netzwerkwandler, da es sich in der Schmelze zu Kohlenstoffdioxid und Calciumoxid wandelt. Letzteres hat einen Einfluss auf die Härte und die chemische Beständigkeit des Glases. Ergänzend zu den drei Hauptbestandteilen können je nach Anforderung auch Stabilisatoren wie Feldspat, Dolomit, und Kaliumcarbonat (Pottasche) hinzugefügt werden. Durch den Zusatz von verschiedenen Metallionen kann das Glas auch gefärbt werden. Beispielsweise wird das Glas grüner je höher der Eisenanteil ist. Daher ist es so wichtig, aus dem Quarzsand alle Verunreinigungen herauszufiltern, um die möglichen ungewollten Verfärbungen zu vermeiden. Für eine ausgegossene Glasprobe von 39,7g wurden jeweils 56,43g Quarzsand, 31g Natriumcarbonat und 12,7g Kalksteingrieß verwendet. Der Rest verblieb im Tiegel. Mit den hergestellten Proben soll nicht das optimale Verhältnis gemessen, sondern der eigentliche Prozess des Schmelzens getestet werden. So werden in den Industrien, in denen die Mischverhältnisse entscheidend sind, die einzelnen Komponenten auf mehrere Nachkommastellen präzisiert.
Der Schmelzprozess setzt sich aus zwei Phasen zusammen: Dem eigentlichen Schmelzen und der Läuterung. Bei ca. 1500 °C werden die vermengten Schon ab ca. 600 °C findet eine Decarbonatisierung statt. Das bedeutet, dass CO2 aus dem Gemenge und später der Schmelze entweicht. Ab ca. 1200 °C ist die Decarbonatisierung abgeschlossen, die restlichen Quarzkörner lösen sich allmählich auf und eine homogenere Schmelze entsteht. Durch chemische Zusätze, Erhöhung der Temperatur, Einblasen von Luft oder mechanisches Rühren kann der Läuterungsprozess verbessert werden. Das Glas wird zunehmend klarer und die anfangs vorhandenen Schlieren verschwinden. Nach dem Schmelzprozess wird die Probe in einer Graphitform gegossen. Es folgt das Abkühlen, bei dem sich das Glas langsam entspannt. Dieser Prozess ist sehr maßgebend, um zu verhindern, dass das Glas nicht zu schnell abkühlt und durch die dadurch erhöhte Spannung zerbricht. Daher werden die Proben in einen zweiten Ofen gelegt, der über Nacht langsam auskühlt.
Die Führung durch das Quarzwerk in Frechen endet mit Versuchen im Glastechnikum. Dabei entstanden drei Glasproben, die die verschiedenen Abstufungen des Schmelzens veranschaulichen. In der ersten Probe, die nur ca. 30 Minuten im Schmelzofen verweilte, sind noch deutlich einzelne Quarzkörner und Luftblasen erkennbar. Die zweite Probe wurde länger im Ofen gelassen (ca. 45 min) und Quarzkörner sowie Luftbläschen treten sichtbar seltener auf. Bei der dritten Probe handelt es sich um ein Glas, welches unter optimalen Bedingungen hergestellt wurde. Es sind keine Luftbläschen oder Quarzkörner mehr zu sehen. Ein nahezu perfektes Glas also.
Durch die Exkursion konnte deutlich gemacht werden, dass Sand nicht gleich Sand ist, sondern, dass sehr viele Schritte dazu gehören, den qualitativ hochwertigen Quarzsand herzustellen. Es war sehr imponierend die Quelle von so vielen Industriezweigen und somit auch Produkten zu sehen, die heute gar nicht mehr wegzudenken sind. Da Sand, insbesondere der sehr reine Quarzsand, zu den wichtigsten Rohstoffen der Welt gehört und eine endliche Ressource ist, ist es entscheidend, dass weiterhin geforscht und Produkte dadurch verbessert werden können. Aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrung in dem Forschungsbereich „Sand“, hat die Quarzwerke Gruppe eine umfassende Expertise entwickelt, die dabei hilft, mit dem Rohstoff verantwortungsvoll und zukunftsorientiert arbeiten zu können.
Aus Sicht eines angehenden Produktdesigners und im Hinblick auf diese Masterarbeit, war es ein Privileg, sich die Arbeitsweise des Quarzwerk in Frechen genauer ansehen zu dürfen, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass unzählige Produkte, die entworfen werden, Quarzsand als Rohstoff benötigen.
Ein besonderer Dank gilt dabei Herrn Simon Rudolph, der so freundlich war und sich die Zeit genommen hat, einen tiefgehenden Einblick in das Quarzwerk zu geben und stets alle Fragen ausführlich beantworten konnte. Insbesondere der durch Herrn Rudolph durchgeführte Schmelzversuch konnte einen ersten Eindruck darüber vermitteln, wie Quarzsand weiterverarbeitet werden kann.