Polymethylmethacrylat (PMMA) – Das „Tempo®“ der Kunststoffe
In unserer Miniserie über Kunststoffe geht es heute um Polymethylmethacrylat oder kurz PMMA.
Die Glasindustrie hat sich lange und letztendlich vergeblich gegen den Gebrauch des Wortes Glas für organische Polymere gewehrt. So heißt es noch 1980 im Glaslexikon der Firma Schott: Kunststoffe „sind organischen Ursprungs und sollten daher niemals als „Glas“ bezeichnet werden, auch wenn sie durchsichtig sind“.
Trotzdem hat sich die Marke Plexiglas®, die vielleicht bekannteste Kunststoffmarke der Welt und daher umgangssprachlich „Tempo® der Kunststoffe“ genannt, bis heute standhaft gehalten. Aktuell erleben Plexiglas®-Scheiben einen regelrechten Boom als Hygieneschutz.
Aber zurück zu den Ursprüngen von PMMA. Acrylglas wurde 1928 etwa zur selben Zeit in Deutschland, Großbritannien und Spanien entwickelt. In Deutschland war hieran der Chemiker Walter Bauer (1893–1968) beteiligt. Der Chemiker Otto Röhm forschte an besonderen Kunststoffen mit dem Ziel, eine Art „Acrylkautschuk“ zu finden und wie oft bei technischen Innovationen war auch hier der Zufall im Spiel: Eine Probe des monomeren Methylmethacrylats (MMA) war in einer Flasche am Fenster aufbewahrt worden. Als Tageslicht darauf fiel, löste es eine Polymerisationsreaktion aus. Sie zerstörte die Flasche, hinterließ aber einen Block aus Polymethylmethacrylat (PMMA). Die ersten gegossenen Scheiben aus Acrylglas wurden im Jahre 1933 in Deutschland hergestellt und zur Marktreife gebracht.
Zu unterscheiden ist „gegossenes“ hochmolekulares PMMA (gehört zu den „Thermoelasten“), von den PMMA-Formmassen. Diese verhalten sich wie typische Thermoplaste. So ergeben sich Herstellungsspezifische Unterschiede:
Gegossenes PMMA: „gießen“, Thermoformen, Kleben und spanende Bearbeitung von Halbzeugen.
Thermoplastisches PMMA: Extrudieren, Spritzgießen, Thermoformen, Schweißen, Kleben und auch spanende Bearbeitung von Halbzeugen.
PMMA zählt zu den Spezialkunststoffen und wegen seiner zahlreichen Anwendungen in der Technik ist PMMA auch ein transparenter, technischer Thermoplast. Das Eigenschaftsprofil von PMMA ist vielfältig. Dazu gehört eine mittlere Festigkeit und hohe Steifheit; eine Schlagzähigkeit, die immerhin sechsmal höher ist als die von Glas; eine hohe Härte (PMMA zählt zu den härtesten Thermoplasten), bei besonderer Oberflächenbehandlung hervorragende Kratzfestigkeit. Sonstige Merkmale von PMMA sind eine hervorragende Lichtdurchlässigkeit, ist absolut farblos und brillant, und eine sehr gute Lichtbeständigkeit.
Anwendungsbereiche für PMMA:
- Bau & Konstruktion – Verkehrsschilder, Reklameschilder, Schutzverglasungen von Bankschaltern, Turnhallen und Laboratorien, Schallschutzwände, Leuchten und Leuchtdecken, Lichtkuppeln, Polymerbeton
- Elektrik & Elektrotechnik – Flachbildschirme, Fernsehgeräte-Schutzscheiben, Plattenelemente in der Photovoltaik, Schalterteile, Skalen, Leuchtenabdeckungen
- Mobilität & Transport – Oberlichte von Omnibussen, Wohnwagenfenster, Rückstrahler, Rück- und Blinklichtabdeckungen, Lenkradplaketten, Flugzeugverglasungen
- Wohnung & Haushalt – Waschbecken, Badewannen, Badezimmereinheiten, Duschkabinen, hochglänzende Oberflächenveredelung an Küchenmaschinen, Küchenspülen
- Optik – Brillen- & Uhrgläser, Lupen, Linsen, Prismen, Streuscheiben, lichtleitende Fasern/Fäden und Elemente, Platten mit LED-Einfärbungen, optische Speicher
- Gesundheitswesen – Zahnfüllungen und Prothesen, Ohrpassstücke, harte Intraokularlinsen,
- Sonstiges – Modelle, Flüssigkeitsstandanzeiger, Schutzverglasungen von Maschinen, Warenautomaten, Tastenbeläge von Klavieren, Gießharze zum Eingießen von empfindlichen Schaustücken (biologische Objekte), Rohre für Milch, Bier und Süßmost, Gewächshaus
Die Produkte der HPF The Mineral Engineers werden vorwiegend im gegossenen PMMA Werkstoff eingesetzt. Die hohen Ansprüche an Duroplaste, wie hohe Festigkeiten und hohe Wärmebeständigkeiten, können nur durch funktionelle Füllstoffe erfüllt werden. Außerdem führt deren Einsatz in den Fertigteilen zu optisch anspruchsvollen, widerstandsfähigen Oberflächen Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Minerale beeinflussen die Oberflächen- und Gebrauchseigenschaften der Verbundwerkstoffe deutlich.
Die High Performance Filler der Division 3 sind Mineralkörnungen und -mehle mit besonders chemischer Reinheit, sehr guter chemischer Beständigkeit und sehr geringem Bindemittelbedarf. Sie finden vielfältigen Einsatz in Reaktionsharzen wie PMMA und ermöglichen:
- kratzfeste und kochwasserbeständige Formulierungen, insbesondere für den Sanitär- und Küchenbedarf
- klare leuchtende Farbtöne (lichtdurchlässige Rohstoffe) in Farbabmischungen und weißen Produkten
- präzise eingestellte Farbeffekte durch Coloritquarz-Produkte mit höchster Farbechtheit und Abriebbeständigkeit
- optimale Kratzbeständigkeit durch Zusatz von Edelkorund
- künstliche Granitdekore durch Einsatz von Glimmer-Effektkörnungen
Besonders für Cristobalitmehl ergeben sich viele Anwendungsmöglichkeiten aufgrund seiner neutralen Farbe, dem hohem Weißgrad und der hervorragenden Einarbeitbarkeit. In PMMA ermöglichen sie klare, leuchtende Farbtöne, weiße Teile und kratzfeste und kochwasserbeständige Oberflächen.
Duroplastische Werkstoffe, die mit Aluminiumhydroxid (ATH) hergestellt werden, zeichnen sich durch sehr gute Einfärbbarkeit und Schleifbarkeit aus, des Weiteren wird die Festigkeit erhöht. Für PMMA/MMA-Sirup empfehlen wir den Einsatz unsere beschichteten Aluminiumhydroxide.
Durch die Oberflächenbehandlung des mineralischen Füllstoffes mit Silanen oder silanbasierenden Verbindungen wird eine optimale Kompatibilität an der Grenzfläche der Polymermatrix und dem Füllstoffsystem gewährleistet. Die Silanisierung der Minerale ermöglicht die direkte chemische Anbindung der Mineraloberfläche an die Polymermatrix. Durch das Coating unserer Füllstoffe ist eine hervorragende Benetzung durch ungesättigte PMMA/MMA-Sirup und in der Regel eine signifikante Erhöhung der erreichbaren Füllgrade gegeben. Damit werden systemverbessernde Eigenschaften des anorganischen Füllstoffs erreicht und voll ausgeschöpft.
Eine Sonderstellung nimmt das Produkt ACRYSMART® der HPF ein. Dabei handelt es sich um ein sehr innovatives Kunststoffadditiv auf organischer Basis. ACRYSMART® wurde speziell für den Einsatz in Acrylglas entwickelt. ACRYSMART® Glas verändert seine Durchlässigkeit für Licht und solare Wärme in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur: Bei höheren Temperaturen schützt es automatisch vor der Sonne, bei niedrigeren Temperaturen nutzt es das Tageslicht optimal.
Wichtige Quarzwerke Produkte für PMMA: MILLISIL®, SIKRON®, SILBOND®, COLORITQUARZ, HYDRAFIL®, TREFIL®, AMOSIL®, SEPASIL®
Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage.
Der nächste Blog-Artikel „Füllstoffe in Kunststoffen“ beschäftigt sich mit Silikon.