Fünf Fragen – Fünf Antworten
Gestellt an Rolf Jansen, Forstwirt bei den Quarzwerken
Bereits seit vielen Jahren sind Sie als Forstwirt bei den Quarzwerken mit der Renaturierung betraut, also dem Anlegen und Pflegen von Wäldern rund um den Standort Frechen. Was für Aufgaben umfasst dies denn in etwa und wie hat sich ihr Arbeiten in dieser Zeit gewandelt?
Ich bin jetzt seit 35 Jahren bei den Quarzwerken. Hier in Frechen haben wir eine eigene Forstabteilung, die im Prinzip sämtliche Außenbereiche der Quarzwerke in Frechen mitbetreut. Das umfasst natürlich die Rekultivierungsgebiete, aber auch den Altwald, sämtliche Grünareale und allgemein die Pflege und Instandhaltung der Pflanzen und Naturflächen des Unternehmens.
Früher haben wir hier in erster Linie reine Forstwirtschaft betrieben. Das heißt man beschränkte sich vor allem darauf, Wald neu aufzupflanzen. Aber gerade in Sachen der Rekultivierung hat in den letzten 20 Jahren ein deutliches Umdenken stattgefunden. Es wird sehr viel mehr auf die Arten eingegangen, die im Abbauvorfeld leben und für die es schnell ein neues Lebensumfeld herzustellen gilt. Das heißt, man geht nicht mehr in die bloße Forstwirtschaft, sondern versucht vielmehr die Natur gezielt so herzurichten, dass die jeweiligen Arten ideale Lebensbedingungen haben. Das gilt für ein breites Spektrum an Tieren: Dazu gehören Schmetterlinge ebenso wie Amphibien, Rehe, Füchse, Wildschweine oder verschiedenste und seltene Vogelarten. Dafür braucht es einen Mix aus Freiflächen und Wiesen, gemischt mit Strauchecken, verschiedenen Kleingewässern und natürlich auch Waldflächen, die entsprechend betreut werden.
Renaturierung stellt man sich als Laie ja in der Regel recht einfach vor. Einen Baum an der einen Stelle schlagen und an einer anderer Stelle dafür zwei neu Pflanzen. Wie sieht das denn tatsächlich in der Praxis aus?
Natürlich reicht es nicht, eins zu eins Bäume zu pflanzen. Zum einen werden einige Flächen bewusst nicht mit Bäumen versehen, um die erwähnten Freiflächen zu schaffen. Stattdessen werden solche Areale vielfach mit verschiedenen Straucharten bepflanzt, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen und Beeren tragen. Genau das bildet die Nahrungsgrundlage für verschiedene Tierarten. Dazu kommen Steine oder Totholz, das platziert wird, damit die die Tiere darin Unterschlupf finden. Einzelne Bäume werden auch so präpariert, dass sie gezielt absterben, damit in den toten Bäumen Vögel oder Fledermäuse einziehen können. Der renaturierte Wald ist also keine einfache Kopie. Man macht sich hier schon sehr viele Gedanken.
Was unterscheidet denn renaturierten Wald von regulärem Wald?
Bei den Altwäldern um Frechen handelt es sich in der Regel um geschlossene Waldflächen. In den renaturierten Wäldern sind dagegen diverse Seen und Tümpel angelegt, die zusammenhängend oder einzeln im Wald angeordnet sind, so dass dieser nicht wieder komplett zuwächst. Das schafft die wichtigen Wiesen- und Freiflächen, aber auch Areale mit Einzelbäumen, an denen sich beispielsweise Insekten oder Vögel absetzen können. Dazu kommen eingestreute Unebenheiten im Gelände, mal mit Hängen, mal eben, mal etwas hügelig. Das ist schon eine bewusst andere Struktur, die gezielt den Artenreichtum fördert.
Wie lange dauert es denn, bis so eine Rekultivierung komplett abgeschlossen ist?
Generell muss man hier natürlich schon mit 30 oder 40 Jahren rechnen, bis ein kompletter Wald neu entsteht. Allerdings sind auch die jungen Wälder bereits im Vorfeld für viele Tiere, Insekten und Amphibien interessant, vor allem wegen der beschriebenen Vielschichtigkeit, die im Altwald so nicht gegeben ist. Und auch einfache Grasflächen bieten nach einem oder zwei Jahren schon einen sehr guten Lebensraum für verschiedenste Arten wie Eidechsen, Kröten, Bodenbrüter oder Insekten.
Bäume und Sträucher lassen sich ja pflanzen, aber wie kommen denn eigentlich die Tiere in so ein Renaturierungsgebiet?
Das passiert zum großen Teil tatsächlich von allein – so ist halt Natur. Wenn Tiere in einem Gebiet geeignete Gegebenheiten vorfinden, siedeln sie sich in der Regel binnen kurzer Zeit von selber an. Außerdem werden in Frechen vor Fällaktionen am Tagebau verschiedene Arten wie etwa Haselmäuse bewusst umgesiedelt. Das ist mit einer umfassenden Planung von anderthalb bis zwei Jahren verbunden. Die Tiere werden gefangen und in eine für sie passende Rekultivierung gebracht, wo sie wieder ausgesetzt werden. Hierfür werden in der Regel Nistkästen verwendet, in die die Tiere einziehen und in denen sie in ihr neues Revier gebracht werden. Zusätzlich wird geprüft, ob bestehende Baumhöhlen tatsächlich unbesetzt sind. Wenn dem so ist, werden die Höhlen verschlossen, damit beim Fällen kein Tier zu Schaden kommt. Wir arbeiten hierbei mit Biologen zusammen, die dafür sorgen, dass die Tiere nach dem Umzug ihren Lebensraum mitsamt seinem Nahrungsangebot und seinen Strukturen wieder vorfinden. Dazu kommen auf einzelne Arten zugeschnittene Hilfen für die Tiere, beispielsweise unser Eisvogeltunnel oder unsere Schwalbenwand. In 2012 haben wir sogar einen eigenen Fledermaustunnel angelegt, 10 Meter lang und etwa 2,5 Meter im Durchmesser.