100 Jahre Biala Gora – eine SANDsationelle Geschichte
Seit 100 Jahren wird an unserem Standort Biała Góra in Polen Sand gewonnen. In diesen 100 Jahren ist natürlich enorm viel passiert. Wir blicken am heutigen #ThrowbackThursday zurück!
In alten Chroniken finden sich bereits im 18. Jahrhundert Hinweise auf eine Bergbautätigkeit in der Region Tomaszów in Zentralpolen. Erst 1922 wurde Quarzsand industriell abgebaut. Damals gründete der Geologe Bohdan Łoziński das Unternehmen „Przetwory Kamienne“ und legte damit quasi den Grundstein für das heutige Werk.
Die spannende Geschichte des Gründers Bohdan Łoziński
Bohdan Łoziński wurde am 18. April 1873 in Polen geboren. Er studierte in Deutschland, an der Technischen Hochschule Freiberg (Sachsen) und schloss sein Studium im Dezember 1901 als „Ingenieur für Eisenhüttenkunde“ ab. In den nächsten Jahren war Łoziński als stellvertretender Direktor in einer Asbest-Mine in Jekaterinburg in Russland tätig. Erst im November 1920 kehrten er und seine Frau nach Polen zurück. Damals wurde Polen – nach 123 Jahren der Teilung – wieder ein unabhängiger Staat. Eine sehr dynamische Zeit, in der viele polnischstämmige Menschen aus Russland, Deutschland und Österreich in ihre Heimat zurückkehrten, um beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.
Bohdan Łoziński kam im Jahr 1921 nach Tomaszów Mazowiecki. Kurz nach seiner Ankunft entdeckte er im nahe gelegenen Smardzewice Ablagerungen von weißem Sandstein. Nach weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Sand ein sehr guter Rohstoff für die Glasindustrie war. Trotz fehlender Unterstützung durch die Behörden beschloss Łoziński, hier in Biała Góra den ersten polnischen Glassand-Abbaubetrieb zu errichten.
Da er kein eigenes Kapital besaß, gründete er eine Aktiengesellschaft mit 36 Aktionären, die er aus dem Kreis seiner Freunde und Mitarbeiter rekrutierte. Das so entstandene Unternehmen „Przetwory Kamienne“ (pol.: Steinerzeugnisse) begann 1922 mit dem Abbau.
Die Errichtung einer Sandgrube in Smardzewice veränderte das Leben der Bewohner. Typisch für die Region war damals die Landwirtschaft. Jetzt gab es plötzlich Arbeit in der Industrie. Nach und nach fanden immer mehr Menschen einen verlässlichen Arbeitsplatz. Die Arbeit allerdings war hart. In den Anfangsjahren wurde der Abbau mit sehr einfachen Mitteln durchgeführt. Mit Schaufeln und Spitzhacken wurde Sand abgebaut und mit gemieteten Bauernwagen zum knapp 10 km entfernten Bahnhof in Jeleń transportiert. Das Rohmaterial wurde in Holzkisten gewaschen, die auf Stelzen im Flussbett des Pilica, der entlang der Lagerstätte fließt, aufgestellt wurden. Damals wurden pro Jahr 2.300 Tonnen Sand abgebaut und aufbereitet.
Die ersten großen Investitionen wurden zwischen den Jahren 1925 – 1927 getätigt. Damals wurde eine schmalspurige Pferdebahn zum Bahnhof Jeleń gebaut und 1928 eine Sortieranlage errichtet. Die Produktionskapazität betrug nun bereits 4.000 Tonnen pro Jahr. Gearbeitet wurde im Einschichtbetrieb.
Von Jahr zu Jahr steigerte der Betrieb die Produktion von Quarzsand und Filterkies. Die wachsende Nachfrage in Polen ermöglichte die Erweiterung und Modernisierung des Werkes. Bohdan Łoziński nutzte die wirtschaftliche Situation geschickt und zahlte seine Aktionäre wiederholt aus, sodass der Betrieb 1938 nur noch von zwei Eigentümern geführt wurde.
Łoziński brachte nicht nur den Betrieb voran, er war auch sozial sehr engagiert. Er half oft sogar denen, die nicht arbeiten konnten und in Armut lebten. Als seine Frau anmerkte, er solle auf sich und seine Kleidung aufpassen, antwortete er: „Wie kann ich neue Kleidung kaufen, wenn die Leute um mich herum nichts zu essen haben?“ Łoziński verstarb im Jahr 1938 im Alter von 65 Jahren. Die Entwicklung des Standortes ging weiter.
Der Standort entwickelt sich weiter
Insgesamt wurden im Zeitraum von der Gründung des Werkes bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Biała Góra 239.000 Tonnen Glassande, Filterkies und Normsande produziert. Damals arbeiteten zwischen 150 und 160 Menschen in der Produktion. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm das Unternehmen die Produktion wieder auf, zunächst noch unter der alten Leitung. 1948 wurde der Betrieb dann vom Staat übernommen.
In den Jahren 1950 – 1956 wurde der Abbau modernisiert, es gab erste Bagger und eine Sandwaschanlage. Vom Bahnhof Jeleń wurde eine 8 km lange Eisenbahnlinie gezogen, die den Transport des Sandes deutlich erleichterte. Gleichzeitig wurden geologische Untersuchungen rund um die bestehenden Abbaustätten durchgeführt. Damals wurden die Lagerstätten Biała Góra I und II erstmals dokumentiert.
Ende der Sechziger und in den Siebziger Jahren wurde permanent in den Standort investiert. In den 1980er Jahren ging die Nachfrage der heimischen Industrie nach mineralischen Rohstoffen aus Biała Góra aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise stark zurück. Um die Mitarbeiter halten zu können, wurde nach neuen Wegen gesucht. Es wurde nun auch mit Produkten gehandelt, die nicht aus der eigenen Lagerstätte kamen.
Nach der Öffnung des Eisernen Vorhanges, stieg die Nachfrage nach Produkten aus Biała Góra wieder stark an. Es wurde wieder investiert und modernisiert und man versuchte sich an Neuem: Man startete eine Produktion von Kaolin aus Waschwasser. Und mit Hilfe eines Schwimmbaggers wurde begonnen, Sand auch unterhalb des Grundwasserspiegels zu gewinnen. Zu Beginn der 2000er Jahre eroberten Produkte aus Biała Góra weitere neue Märkte. Die gestiegene Nachfrage nach getrockneten Quarzsanden führte zum Bau eines neuen Trockners und zur Vergrößerung der Lagerfläche durch die Errichtung neuer Silos für Fertigprodukte.
Nachdem das Werk 1998 wieder privatisiert wurde, übernahm die Quarzwerke Gruppe Ende 2007 den Betrieb Biała Góra. Zu dieser Zeit war die Quarzwerke Gruppe bereits einige Jahre in Polen aktiv. Osiecznica und Surmin-Kaolin sind seit 1995 Teil unserer Unternehmensgruppe.
Der Kreis schießt sich
So schließt sich auch der Kreis der Geschichte. Denn diese drei Unternehmen: das Werk „Biała Góra“, das Werk „Osiecznica“ und „Surmin-Kaolin“ bildeten bereits in den Jahren 1972 – 1981 eine Gesellschaft unter dem Namen Vereinigte Bergbauwerke für Glas- und keramische Rohstoffe „Vitrocermin“ mit Sitz in Bolesławiec.
2019 legten die Quarzwerke den Grundstein für ein neues Werk in Biała Góra, das das zweitgrößte in der Gruppe sein sollte. Trotz der schwierigen Zeit der Pandemie, wurde der Bau wie geplant durchgeführt. Die Eröffnung des neuen Werkes wird – verbunden mit dem 100jährigen Jubiläum der Grube – am 19. Mai 2022 gefeiert.
diverse Quellen; aus dem Polnischen: Dorota Milczarek, Andrzej Grodzki und Maciej Kortus, Mai 2022.